Galerie Judith Andreae ist eine zeitgenössische Galerie aus Bonn, die sowohl junge als auch etablierte internationale Künstler:innen aus den Bereichen Malerei, Zeichnung, Fotografie, Video, Skulptur, Objekt, Installation und Performance vertritt. Pro Jahr zeigt die Galerie sechs bis acht kuratierte Einzel- und Gruppenausstellungen und nimmt an internationalen Messen. Zudem kooperiert die Galerie mit weiteren Galerien wie auch Institutionen für temporäre Sonderausstellungen und fördert Projekte im Rahmen von Kunst am Bau & Kunst im öffentlichen Raum.

Die Galerie ist von 1. bis 26. August in der Sommerpause. Individuelle Besichtigungen der Ausstellungen sind nach Terminvereinbarung möglich (info@galerie-andreae.de, +49 (0)173 700 80 29).

Aktuelle Ausstellung

Vernissage 10.07.2025 | 19:00 - 22:00
11.07.2025 - 06.09.2025

COURAGE HUNKE | No Man Steps in the Same River Twice Einzelausstellung

Opening July 10: Über Veränderung zu sprechen ist einfach – sie zu sehen ist schon schwieriger, sie zu begreifen noch viel schwieriger. Courage Hunke, (geb. 2000) in Accra ansässig, lässt sich von dieser Unmöglichkeit zu seiner künstlerischen Praxis inspirieren. In seiner ersten europäischen Einzelausstellung in der Galerie Judith Andreae in Bonn, präsentiert er nicht nur Werke zum Betrachten – er schafft Oberflächen, die bereits in Bewegung sind. Wie der Fluss in Heraklits berühmtem Paradoxon, das der Ausstellung ihren Titel gibt, ist nichts in Hunkes Werken jemals still: Erinnerung, Material, Bedeutung – alles ist im Fluss. No Man Steps in the Same River Twice ist weder eine theoretische Geste noch eine nostalgische Anmerkung. Es ist ein dringender Vorschlag.

Hunkes Werk schöpft zwar aus den Straßen, Symbolen und Strukturen Accras, widersetzt sich jedoch einer engen Betrachtung durch die Brille der Biografie oder Geografie. Seine Stadt wird zu jeder Stadt. In seinen Worten: „Die Stadt ist ein Archiv der Erinnerungen“ – kein statischer Ort, sondern ein lebendiger, vielschichtiger Text. Jedes Werk fungiert als visuelles Tagebuch, dessen Seiten jedoch für andere offen sind. Betrachtene finden sich möglicherweise in einer persönlichen Kartografie wieder – mit Familienfotos, gezeichneten Karten und Fragmenten des Alltags, die ihnen den Weg weisen. Die Materialien, die Hunke in diesem Prozess verwendet, sprechen ebenso laut wie die Bilder selbst. Seine Bildträger sind keine traditionellen Leinwände, sondern „Sandwiches“, wie der Künstler sie selbst nennt – vielschichtige Kompositionen aus gefundenem Papier und gepressten Einweg-Plastiktüten, die er auf den Straßen von Accra gesammelt hat. Diese Oberflächen sind sowohl Grundlage als auch Metapher: Abfall wird zu Erinnerung, zu Aufzeichnung. Diese Sandwiches sind seine Stadt – und sein Widerstand gegen das Vergessen.

In einer Zeit, in der der Klimadiskurs oft vom Globalen Norden diktiert wird, erinnert uns Hunke mit seiner Arbeit an ein weiteres unbequemes Paradoxon: Afrika, das am wenigsten zu globalen Abfällen und Emissionen beiträgt, trägt deren Auswirkungen am stärksten. Die in seinen Werken eingebetteten Plastiktüten sind mehr als nur Material – sie sind Index und Anklage. Doch sein Ansatz ist niemals didaktisch. Es geht nicht um Schuld, sondern um das Bezeugen. Hunke gehört zu einer Generation ghanaischer Künstler, die selbstbewusst ihre eigenen Narrative gestalten. Inspiriert unter anderem von Amoako Boafo – einem Wegbereiter, der Räume und Plattformen für aufstrebende Künstler:innen geschaffen hat – tritt Hunke mit seiner eigenen Stimme hervor: furchtlos, ungebunden und unbeeindruckt von üblichen Erwartungen. Seine Bildsprache ist auffallend zeitgemäß. Die Kompositionen könnten Albumcover, Streetwear-Kampagnen oder Murals sein – und doch haben sie das Gewicht von Archiven. Sie sind stilvoll, ohne performativ zu sein; authentisch, ohne Erklärung. In einer Welt, die von Authentizität besessen ist, beanspruchen Hunke's Werke diese nicht – sie verkörpern sie. Es geht nicht darum, Afrikanität als exotisches Kapital zu verpacken. Hunkes Praxis entspricht nicht dieser Marktnachfrage. Stattdessen verschiebt er den Rahmen komplett: Er verlangt nicht, gesehen zu werden, er zeigt – und bringt uns dadurch dazu, anders zu sehen.

Für seine Einzelausstellung in der Galerie Judith Andreae präsentiert Courage Hunke neue Werke aus seiner fortlaufenden Collagen-Serie sowie eine speziell für die Ausstellung entwickelte, ortsspezifische Installation. Das aus Pappe und Papier gefertigte Werk erinnert an Wellblechzäune, die man häufig auf Baustellen in Accra findet – Trennwände, die den Blick versperren sollen. Hunke verwandelt diese visuelle Barriere jedoch in eine Ausdrucksfläche und greift damit die Idee auf, dass Geschichte von außen erzählt wird. No Man Steps in the Same River Twice markiert einen Moment der Transformation nicht nur für den Künstler, sondern auch für die Galerie Judith Andreae. Mit dem Eintritt einer neuen Generation, die die Zukunft der Galerie gestalten wird, verändert sich auch ihr Programm – hin zu einem breiteren, inklusiveren Verständnis von „international“. Das bedeutet nicht, dass Diversitätskriterien abgehakt oder „das Andere“ in den Vordergrund gerückt wird. Es bedeutet, zu akzeptieren, dass Kunstmärkte, wie Flüsse, nicht mehr linear sind. Sie sind Deltas – und Orte wie Accra sind keine Peripherien, sondern vitale, generative Zentren. In Hunkes Welt einzutreten bedeutet zu verstehen, dass der Wandel nicht kommt – er ist bereits hier.

Courage Hunke (geb. 2000 in Ashaiman, Ghana) lebt und arbeitet in Accra und ist Mitglied des Kollektivs Artemartis. Artemartis wurde 2018 gegründet und widmet sich der Förderung und Betreuung aufstrebender bildender Künstler aus Ghana. Im Jahr 2025 nimmt Hunke am Residenzprogramm dot.ateliers teil, das vom international renommierten ghanaischen Künstler Amoako Boafo ins Leben gerufen wurde. Zu Hunkes jüngsten Ausstellungen gehören „An Atlas of Resistance” in der Septieme Gallery in Paris (2025), „Transcendent Earth” in der Affinity Gallery in Lagos (2024) und die Teilnahme an der 1-54 Contemporary African Art Fair in London mit ARTEMARTIS (2024). Zu seinen früheren Projekten gehören Gruppenausstellungen in Accra, Athen und London, die seine stetig wachsende internationale Präsenz widerspiegeln.

COURAGE HUNKE | No Man Steps in the Same River Twice
11. Juli — 6. September 2025

Künstler:innen

News

ANDREAE CLEMENT PARROTTA | Gallery Weekend Bonn

11. – 13. Juli: Die Bonner Galerien Judith Andreae, Gisela Clement und Parrotta Contemporary Art laden zu einem gemeinsamen Galerienwochenende ein. Der Auftakt für das künftig jährlich rotierende Zusammentreffen findet im Juli bei der Galerie Parrotta Contemporary Art auf der Burg Lede statt. Im...

> mehr lesen

COURAGE HUNKE | No Man Steps in the Same River Twice

Opening July 10: Über Veränderung zu sprechen ist einfach – sie zu sehen ist schon schwieriger, sie zu begreifen noch viel schwieriger. Courage Hunke, (geb. 2000) in Accra ansässig, lässt sich von dieser Unmöglichkeit zu seiner künstlerischen Praxis inspirieren. In seiner ersten europäischen...

> mehr lesen

TIM BERRESHEIM | Suermont-Ludwig-Museum, Aachen

Ort. Zeit. Kontinuum: Opening June 24 @ Suermondt-Ludwig-Museum, Aachen. Seit Ende 2023 engagiert Tim Berresheim im Auftrag der Stadt Aachen an einem großangelegten digitalen Kunst- und Teilhabeprojekt „Aus alter Wurzel neue Kraft", an dem Aachener Schüler*innen unterschiedlicher Altersklassen...

> mehr lesen